Alleentagung des BUND
„Grüne Tunnel -Lebensadern - Haben die Alleen in Deutschland eine Zukunft?“
3-Länder-Veranstaltung der BUND-Landesverbände Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt
Potsdam, 21. Oktober 2009
Auswertung
Die BUND Landesverbände Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen-Anhalt haben in diesem Jahr zu einer gemeinsamen Fachveranstaltung eingeladen, da in diesen drei Bundesländern die meisten der verbliebenen deutschen Alleen zu bewundern sind und die Alleen hier oft im Mittelpunkt verschiedenster Interessen und Konflikte stehen.
Prof. Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND e.V., stimmte die Teilnehmer auf das Anliegen der Tagung, den Schutz der Alleen, ein.
Mit einer begeisternden Rede von Aferdita Podvorica, einer Spielerin vom FFC Turbine Potsdam 71 e.V., die im Namen der Fußball-Mannschaft erklärte, warum sich die Mannschaft zu einer Alleen – Patenschaft entschieden hat, bekam die Tagung gleich einen schwungvollen Auftakt.
In den folgenden Vorträgen wurden den Teilnehmern die aktuellen Bedrohungen der deutschen Alleen und wichtige Voraussetzungen für ihren Schutz vermittelt.
Gerahmt wurde die Tagung von Vorträgen, die die Bedeutung langfristiger Planung für eine erfolgreiche Gestaltung der zukünftigen Alleenlandschaft eindrucksvoll verdeutlichten.
Prof. Jürgen Peters von der FH Eberswalde beschrieb das Projekt 'Aktionsplan Alleen für den Landkreis Barnim' in den Stufen Erfassung und Bewertung der Alleen, Aufbau der Datenbank und fortlaufende Dokumentation von Maßnahmen und schließlich die abschnittsbezogenen kurz, - mittel- und langfristigen Empfehlungen. Er betonte, dass regionale Eigenarten, kulturhistorische Aspekte, Standortfaktoren und die Biotopverbindungsfunktion bei der Neuanlage von Alleen besonders zu berücksichtigen sind. Großen Wert legt er auf den Schutz alter Alleen.
Auch Dr. Sven Reiter, Sachgebietsleiter Umweltschutz im Straßenbauamt Güstrow, betonte die Bedeutung einer langfristigen und kontinuierlichen Planung. Die Bestandsanalyse der Straßenbegleitflächen mit einer Erfassung des aktuellen Alleenbestandes erfolgte für Mecklenburg-Vorpommern im Rahmen eines Projektes, in dessen Ergebnis ein auf 20 Jahre angelegtes Alleenentwicklungskonzept stand, das 2005 veröffentlicht wurde. Für die Umsetzung der Ergebnisse des Alleenentwicklungskonzeptes wurden für das Straßenbauamt Güstrow sogenannte Alleensteckbriefe erarbeitet. Die Steckbriefe dienen insbesondere zur Unterstützung der projektorientierten Landschaftsplanung des Straßenbauamtes und finden Eingang in die Landschaftspflegerischen Begleitpläne zur Begründung und räumlichen Anordnung von Alleenpflanzungen als Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen. Dr. Reiter betonte, dass es aufgrund der Vielzahl von Einflussfaktoren auf die Realisierung von Alleenstrecken keine Standardlösungen für das jeweilige Planungskonzept und den daraus folgenden Flächenerwerb gibt. Moderne Alleenentwicklungsplanung zielt daher auf ein vielfältiges Alleenbild ab.
Das Pflanzen von Alleen insbesondere an Bundes- und Landesstraßen durchzusetzen, wird in der Zukunft nicht einfacher werden. Der Vortrag „Alleen – Mehr als Straßenbegleitgrün, Bedeutung und Konflikte in verkehrlichen Aspekten“ von Roland Stania aus dem Kompetenzzentrum Umwelt, Landesbetrieb Bau Sachsen Anhalt, hat auf die Gefahren für den Erhalt der Alleen, die aus den „Richtlinien für passiven Schutz an Straßen durch Fahrzeug-Rückhaltesysteme“, kurz RPS 2009, entstehen, aufmerksam gemacht. Diese schreiben seit diesem Jahr unter anderem die Mindestpflanzabstände für Bäume an Bundesstraßen vor. Sie liegen je nach Höhenlage der Fahrbahn zum umliegenden Gelände zwischen 3 und 17 Metern. Damit hat sich die mächtige Lobby der Versicherungswirtschaft politisch gegen alle Interessen der Bevölkerung am Erhalt einer Heimat mit schönen alten Alleen vorerst durchgesetzt. Das Bundesministerium empfiehlt den Bundesländern, die RPS 2009 auch für Landes- und untergeordnete Straßen anzuwenden. Das würde das Aus für viele Neuanpflanzungen bedeuten. Abgesehen von den hohen Kosten für zusätzlichen Landerwerb und Pflege der dann sehr breiten Areale werden die Landwirte auch kaum bereit sein, so viel Grund und Boden zu verkaufen. Deshalb würden außer an Feldwegen, wo solche Abstände nicht vorgeschrieben werden, Alleen nicht mehr nachgepflanzt oder völlig neu angelegt werden können. Der BUND wird sich wieder verstärkt politischen engagieren, um solche unsinnigen Entscheidungen zu revidieren. Ein kleiner Hoffnungsschimmer kam aus dem Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. Herr Sievers vom Verkehrsministerium und Teilnehmer dieser Tagung betonte, dass in Mecklenburg-Vorpommern diese Regelung nur auf Bundesstraßen angewendet und bei Pflanzungen an Landestraßen in Mecklenburg-Vorpommern ein Abstand von 3,50m gefordert wird.
"Beobachtet und beschützt: BUND-Alleenpatenschaften" hieß der Vortrag von Melanie Medau-Heine, verantwortlich für den Baumschutz im BUND Landesverband Sachsen-Anhalt. Die Alleen–Kampagne des BUND hat insbesondere in den Bundesländern, welche noch einen reichhaltigen Bestand an alten Alleen haben, zu großer Unterstützung in der Bevölkerung und bei Feriengästen geführt, welche in wichtigen Spenden zur Unterstützung dieser Arbeit und immer häufiger auch in der Übernahme einer Patenschaft mündet. Das Fazit: Ehrenamtlich Aktive sind die Basis des BUND. Sie bringen viel inhaltliches Know-how ein, bereiten Aktionen und Veranstaltungen vor und führen sie durch, leisten politische Lobbyarbeit für die Umwelt, bearbeiten Natur- und Umweltschutzprojekte und vieles mehr…. Freiwilliges Engagement ist für den BUND unverzichtbar!
Die immense Bedeutung vor allem alter Alleen aus naturschutzfachlicher Sicht wurde von Diplom-Biologe Stephan Gürlich hervorgehoben. Zum einen spielen alte Alleen eine entscheidende Rolle als Biotopverbund, da zahlreiche der an Baumveteranen gebundenen Insektenarten nur ein geringes Ausbreitungsvermögen besitzen. Zum anderen benötigen gerade die seltensten und am stärksten gefährdeten Arten unter den Alt- und Totholzbewohnern die lebenden Altbäume als Lebensraum. Diese finden wir in den mehr als 100jährigen Alleen, mit all ihren Strukturen, wie abgestorbenen Ästen, Pilzbesatz und Höhlenbildungen. In den modern bewirtschafteten Wäldern sind solche Bäume nicht mehr zu finden.
Jeder kennt sie, durch Wurzeln hochgehobene Fußwegplatten und Fahrradwege, die wie Waschbretter aufgeworfen sind. Frau Dr. Reichwein hat in ihrem sehr interessanten Beitrag: „Zum Umgang mit Baumwurzeln unter Wegebelägen“ nicht nur die Ursachen und Einflussfaktoren für Schäden an Wegebelägen erläutert, sondern auch Reparaturmöglichkeiten für angehobene Wegebeläge und, was insbesondere bei Neuanpflanzungen sehr wichtig ist, präventive Maßnahmen dargestellt. Frau Dr.Reichwein betonte, dass sämtliche Arbeiten im Wurzelbereich, seien es Reparaturmaßnahmen oder auch die Neuanlage von Wegen, immer bei größtmöglichem Schutz der Wurzelbereiche und mit geschultem Personal ausgeführt werden müssen. Schäden am Baum und an den Wegebelägen können vermieden werden, wenn der Neupflanzung von Bäumen eine fachgerechte Standortvorbereitung vorausgeht. Mehraufwand macht sich doppelt bezahlt: vitale Bäume und weniger Folgekosten!
Alleen gehören seit hunderten von Jahren zu unserem Landschaftsbild. Sie sind sowohl aus kulturhistorischer Sicht als auch aus Sicht des Naturschutzes besonders wertvoll. Wir haben diesen großen Schatz als Erbe übernommen und haben die Pflicht, dieses Erbe auch an nachfolgende Generationen weiter zu geben. Das ist keinen einfache Aufgabe, stehen doch Alleen oft im Zentrum verschiedenster Interessenkonflikte. Doch der BUND ist überzeugt, dass Tagungen wie diese helfen, die Idee zu verbreiten. Wir müssen miteinander reden, in Erfahrungsaustausch treten, vorausschauend Planen und schließlich die Konzepte umsetzen.
Der BUND ist überzeugt, dass durch gemeinsames Handeln der Behörden, der Verbände und der Alleenpaten unser Ziel – Erhalt und Erweiterung der Alleenlandschaft – erreicht werden kann.
Von den Teilnehmern haben wir viele Anregungen für neue Themen bekommen. Wir freuen uns auf unsere nächste Alleentagung und hoffen, Sie auch wieder begrüßen zu dürfen.
Katharina Brückmann Referentin Alleenschutz BUND Mecklenburg-Vorpommen