Cornelia Behm, ehemaliges Mitglied des Bundestages, Mitglied der Parlamentsgruppe „Kulturgut Alleen“
Ingo Lehmann, Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz
Dr. Sven Reiter, Landesamt für Straßenbau und Verkehr Mecklenburg-Vorpommern
Monika Engels vom Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung des Landes Brandenburg und Katja Glante vom Landesbetrieb Straßenwesen Brandenburg, Dienststätte Eberswalde
Karsten Kriedemann vom Ingenieurbüro für Umweltplanung Schwerin
Mark Pommnitz, Geschäftsführer von Leitsch Baumpflege
Lothar Göcke, Bereichsleiter Bauminspektionstechnik argus-electronic GmbH, Rostock
Prof. Dr. Dirk Dujesiefken vom Institut für Baumpflege Hamburg

 

Alleensicherung für die Zukunft

zentrales Thema der 12. Alleentagung Mecklenburg-Vorpommern

Die Sicherung des Alleenbestandes für die Zukunft stand im Mittelpunkt der Alleentagung des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), die in Kooperation mit dem Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie (LUNG) am 2. November 2016 in Güstrow stattfand.

 

Nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern, auch bundesweit ist die Sorge um den Erhalt der Alleen verstärkt in den Blick der Öffentlichkeit gerückt. Im April 2016 gründete sich die Parlamentsgruppe „Kulturgut Alleen“ mit derzeit 32 Bundestagsabgeordneten und externen Mitarbeiten, wie dem BUND. Cornelia Behm, ehemaliges Mitglied des Bundestages, gehört zu dieser Parlamentsgruppe. Sie richtete das Grußwort an die Teilnehmer. Mit Kerstin Kassner, MdB, war ein weiteres Mitglied dieser Gruppe unter den Tagungsteilnehmern.


Ingo Lehmann vom Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz hat die Entwicklung des Alleenbestandes nach 1990 dargestellt und insbesondere die  Finanzierung der Ausgleichs-und Ersatzverpflichtung mittels des Alleenfonds ab 2016 erläutert.

 

Dr. Sven Reiter und Holger Münch vom Landesamt für Straßenbau und Verkehr Mecklenburg-Vorpommern stellten erstmals ein „Alleensicherungsprogramm Deutsche Alleenstraße in Mecklenburg-Vorpommern“ vor. Dem voraus waren zahlreiche Aktionen auf der Insel Rügen gegangen, die die Lückenbepflanzung der Deutschen Alleenstraße forderten. Dazu gehört der Aufruf des Biosphärenreservatsamts Südost-Rügen „Deutsche Alleenstraße im Biosphärenreservat – lückenfrei“ vom Oktober 2015. Der Radsportverein „Tour d‘ Allée Rügen“ e.V. hatte sich dem Projekt angeschlossen und eine Pflanzungen zur „Tour d‘ Allee“ organisiert. Verbände wie BUND, NABU, Insula Rugia, der Tourismusverband Rügen, mehr als 30 Unternehmen und Einzelpersonen haben mit ihrer Unterschrift die Schließung der Lücken entlang dieser längsten Kulturstraße Deutschlands gefordert. Alle sind sich einig: Rügen, das ist nicht nur Ostsee und Kreidefelsen, zu der Insel gehören ganz besonders auch die Alleen.

Die Straßenbauverwaltung Mecklenburg-Vorpommern hat sich dieser Aufgabe gestellt und erarbeitet derzeit ein Konzept, um die fast 300 Kilometer lange Deutsche Alleenstraße in Mecklenburg-Vorpommern zwischen Binz und Wesenberg möglichst vollständig zu bepflanzen. In Bergen auf Rügen sollen am 28. November 2016  bei einem ersten Workshop die Ergebnisse der bisherigen Untersuchungen und Schritte für Nach- und Neupflanzungen besprochen werden. Dazu sind Behörden, Verbände und Sprecher von Bürgerinitiativen eingeladen.

Das „Alleensicherungsprogramm Deutsche Alleenstraße in Mecklenburg-Vorpommern“ ist ein Pilotprojekt und bisher einzigartig in Deutschland. Der BUND begrüßt diese Initiative der Landesregierung und die transparente Verfahrensweise. Wir erkennen darin das Bekenntnis zu Maßnahmen für die Sicherung des Alleenbestandes. Nun muss dieses Konzept so gestaltet werden, dass es in der Praxis auch umgesetzt werden kann. Dafür werden an manchen Stellen Kompromisse zu Abstandsregelungen nötig sein. Diese Kompromisse dürfen nicht durch starre Regelungen wie das Festhalten an Mindestabständen verhindert werden. Besonders die Deutsche Alleenstraße als Wahrzeichen des Kulturgutes Alleen muss es wert sein, praktische Lösungen zu ermöglichen.

 

Monika Engels und Katja Glante aus dem benachbarten Brandenburg stellten die Konzeption zur Entwicklung von Alleen an Bundes- und Landesstraßen in Brandenburg vor. Deutlich wurde, dass es in beiden Bundesländern erklärtes politisches und gesetzlich verankertes Ziel ist, diese landeskulturellen Werte, die einer langen historischen Tradition entspringen, zu erhalten.

Unabhängig davon, wieviel Alleebäume gefällt werden, ist es in Brandenburg das Ziel, jährlich 30 km Alleen neu anzupflanzen. Mit zunehmender Anzahl von aus Altersgründen zu

fällenden Alleebäumen und bei gleich bleibender Anzahl von neu zu pflanzenden Bäumen nimmt die Konzeption bewusst einen Rückgang des Alleenbestandes in Kauf. Dann stabilisiert sich der Alleenbestand allmählich, bis nach ca. 50 Jahren die Zielgröße von ca. 2.500 Kilometer erreicht ist. Ausgangspunkt hierfür waren die im Jahr 2006 vorhandenen 2.344 Kilometer Alleen an Bundes- und Landesstraßen außerorts. Während in den ersten beiden Jahren nach Verabschiedung der Konzeption noch über 30 Kilometer Alleen jährlich außerorts gepflanzt werden konnten, gelang dies in den Folgejahren nicht mehr. Im Schnitt wurden von 2008 bis 2015 ca. 20 Kilometer Alleen jährlich gepflanzt.

Grund hierfür sind in erster Linie die Schwierigkeiten beim notwendigen Landerwerb für eine Neuanpflanzung von Straßenbäumen. Um diesem Problem zu begegnen werden verschiedene Wege gegangen. Im Rahmen von Planfeststellungs- und Plangenehmigungsverfahren für Straßenbauvorhaben werden konsequent Alleenpflanzungen an Bundes- und Landesstraßen festgelegt. Beim Bau von Radwegen sollen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vorrangig in Form von Pflanzungen von Alleen und einseitigen Baumreihen an Verkehrswegen erfolgen. Bei Bodenordnungs-/Flurbereinigungsverfahren soll der Aspekt Alleen in Zukunft noch stärker Berücksichtigung finden.

Ganz neu und besonders interessant ist die geplante Nutzung des „Greening“ für die Bereitstellung von Ackerflächen zum Anpflanzen von Bäumen. Ansatz hierfür ist das Ziel der EU, dass die Landwirtschaft in Europa ökologischer und nachhaltiger werden soll. Deshalb müssen Landwirte ab einer Bewirtschaftungsfläche von 15 Hektar Ackerland auf 5 % des Ackerlandes eine ökologische Vorrangfläche vorsehen um in den Genuss von 100 % Direktzahlung zu kommen. Werden Alleen als förderfähiges Landschaftselement aufgenommen, könnte mit einer gemeinsamen Vereinbarung die landwirtschaftliche Fläche bestehen bleiben und Alleebäume gepflanzt werden. In Brandenburg finden dazu zurzeit konstruktive Gespräche zwischen dem Infrastruktur- und dem Landwirtschaftsministerium statt. So besteht eine große Chance, mit den Landwirten zu kooperieren und gleichzeitig das Pflanzen von Alleen zu fördern und die schwierige Flächengewinnung zu erleichtern. Der BUND sieht  hierin ein nachahmenswertes Modell.

 

Mit Spannung wurde die Prämiere des Films „Grüne Giganten – vom Urwald zur Baumallee“ von Karsten Kriedemann erwartet. Die mehr als 130 Teilnehmer der Tagung wurden auf eine Reise durch Norddeutschlands Alleen mitgenommen. Der Film zeigt die Vielfalt der Alleen und die Herausforderungen für deren Schutz, verzaubert aber auch mit Uraltbäumen bei uns und in den Urwäldern Ostafrikas.

Mark Pommnitz hat in seinem Vortrag „Wenn Bäume plötzlich stürzen – Gründe für einen sinnvollen Baumschutz“  eindrucksvoll dargestellt, welche Probleme entstehen, wenn geltende Richtlinien zum Umgang mit Bäumen auf Baustellen einfach nicht einhalten werden. Neben den rechtlichen Problemen, die auf den Baumeigentümer zukommen, wenn ein Baum nach Schädigungen an den Wurzel stürzt und dem schnelleren Verlust des Baumes an sich erhöhen sich die finanziellen Belastungen für den Baumeigentümer enorm. Liegen die Kosten für einen ungeschädigten Stadtbaum zwischen 20 – 30 € pro Baum im Jahr kostet ein im Wurzelraum geschädigter Baum zwischen 70 – 90 €. Die Baumeigentümer können sich also den Verzicht auf eine dendrologische Baubegleitung gar nicht leisten.

Dazu passte der Vortrag von Lothar Göcke, Experte für Bauminspektionstechnik aus Rostock. Er hat ein sehr interessantes Verfahren vorgestellt, bei dem die  Standsicherheit von Bäumen über Windreaktionsmessung bestimmt werden kann.

Bäume sind die ältesten Lebewesen der Erde. Sie haben Strategien entwickelt, die es ihnen

ermöglichen, sich auf Veränderungen einzustellen, Schädigungen zu kompensieren. Wie die Bäume reagieren und welche Unterschiede es dabei bei den verschiedenen Baumarten gibt erläuterte Prof. Dr. Dirk Dujesiefken vom Institut für Baumpflege Hamburg in seinem Vortrag „Überlebensstrategien einheimischer Baumarten - Über die zweite Chance der Bäume“

Großes Interesse fand in den Pausen die Ausstellung „Baum trifft Mensch“, die die beiden Baumsachverständigen  Klaus Schöpe und Bea Linnert vom Baumbüro mitbrachten.

Katharina Brückmann, Alleenschutz BUND: 0172-3848542



Wenn nicht anders beschriftet alle Fotos: K.Brückmann BUND Mecklenburg-Vorpommern

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