Biotop des Monats September: Der Wald

 

Der Buchenwald in M-V

So farbenfroh wie im Herbst zeigt sich der Wald sonst nie und lädt deshalb bei noch milden Temperaturen zum ausgiebigen Spaziergang, zum Ruhe genießen und Kraft tanken ein.

Von den ursprünglichen Wäldern vor über 3 000 Jahren, die einst M-V fast vollständig bedeckten, ist durch den massiven Eingriff des Menschen zur Schaffung von Kulturlandschaften ein kläglicher Rest von weniger als einem Viertel übrig geblieben. Und auch dieser „Restwald“ wird weiterhin vom Menschen stark beeinflusst. Laut des 3. Waldberichtes für unser Bundesland (2014), werden nicht einmal 6 % des gesamten Waldes (fast 30 000 ha) einer natürlichen Entwicklung überlassen (z.B. in Nationalparken und Naturschutzgebieten). Der Rest ist bewirtschafteter Forstwald. Aufgrund der natürlichen Gegebenheiten müsste die Buche in M-V dominieren. Allerdings liegt ihr Anteil unter den in Wäldern vorkommenden Baumarten inzwischen bei nur 12 %.

Buchenwald ist nicht gleich Buchenwald. So gibt es z.B. den Waldmeister-Buchenwald, Hainsimsen-Buchenwald oder Orchideen-Buchenwald. Jeder von ihnen ist ein Waldlebensraumtyp nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) und somit auf europäischer Ebene besonders geschützt.

Gefährdet sind Buchenwälder z.B. durch den Eintrag von Nähr- und Schadstoffen aus der Luft, durch Nadelholzaufforstungen und zu intensive forstliche Nutzung. Da es in unseren Wäldern generell an Raubtieren (z.B. den Wolf) mangelt, macht auch ein zu hoher Wildbestand den Buchenwäldern zu schaffen.

Ein Lebensgeflecht im Erdreich: Pilze des Buchenwaldes

Sie sind weder Pflanzen noch Tiere, sondern ein eigenständiges Reich unter den Lebewesen: die Pilze. Dabei sind die „Pilze“, die wir sehen und im Wald sammeln nur die Fruchtkörper des eigentlichen unterirdischen, sehr weit reichenden Pilzgeflechtes – so wie der Apfel die Frucht des Apfelbaumes ist.

Pilze sind in ihrem Erscheinungsbild sehr unterschiedlich: eine Vielfalt an Formen, Farben und Größen. Sie schmecken entweder köstlich oder sind nicht genießbar, sind giftig oder sogar tödlich giftig. Deshalb sollte man Pilzexperten zu Rate ziehen, wenn man sich beim Bestimmen der Pilze unsicher ist.

Pilze gehen mit den Bäumen des Waldes auf unterschiedliche Art eine Verbindung ein: Sie sind entweder positive Baumpartner (Mykorrhizapilze, Symbionten), abfallzersetzende Moderpilze (Saprophyten) oder baumschädigende Schmarotzer (Parasiten). Mykorrhiza, wortwörtlich Pilzwurzel, bedeutet nichts anderes, als dass das Pilzgeflecht und die Baumwurzeln in einen direkten Kontakt treten, um Stoffwechselprodukte (vom Baum zum Pilz) sowie Wasser und Nährstoffe (vom Pilz zum Baum) auszutauschen. Beide Lebewesen profitieren von dieser Symbiose. Pilze sind also sehr wichtige Bestandteile von Wäldern. Doch auch viele Pilze sind inzwischen auf der Roten Liste geführt.

Die meisten Speisepilze gehören zu den Mykorrhizapilzen. Dabei wählen bestimmte Pilze sich bestimmte Baumarten aus. Im Laub der Buche fühlen sich der Saitenstielige Knoblauchschwindling sowie der Rosa Rettichhelmling wohl und im Laubstreu der Rotbuche ist der essbare Parasolpilz (Riesenschirmling) zu finden. Der seltene Sommerröhrling bildet nur bei Rotbuchen Fruchtkörper aus. Auch die Herbsttrompete, ein Gewürzpilz, bevorzugt die Gegenwart von Buchen. Häufige Buchenwaldbegleiter sind des Weiteren der Zunderschwamm und der Breitblättrige Rübling. Am Stamm der Buche finden sich oft Schmetterlingtramete und Buckeltramete. Kohlenbeeren sind ebenfalls Pilze, die z.B. an abgestorbenen Ästen von Buchen gedeihen. Auch der tödlich giftige Grüne Knollenblätterpilz ist im Buchenwald anzutreffen. Hübsch anzusehen, aber kein Speisepilz ist der Beringte Schleimrübling, der an dem toten Holz von Buchen wächst.

Kohlenbeere (Saprophyt), Buchen-Schleimrübling (Saprophyt oder Parasit)
Verschiedene Pilze aus einem Buchenwald

Unscheinbare Moose

Moose übernehmen im Wald die Funktion eines Wasser- und Stoffspeicher. Sie sind deshalb sehr wichtig für den Stoffkreislauf im Wald. Wer darauf achtet, erkennt, dass Moose in Buchenwäldern nur dort wachsen, wo kein Falllaub liegt, wo Tiere das Laub weggewühlt haben und am Stammfuß der Buche. Häufig anzutreffende Moose in Waldmeister-Buchenwäldern sind das Schwanenhals-Sternmoos, Zypressenschlafmoos und Wellenblättriges Katharinenmoos. Durch ihre Unauffälligkeit werden Moose im Naturschutz bisher wenig berücksichtigt, obwohl viele Moose auf der Roten Liste M-V stehen. Das Grüne Besenmoos ist sogar auf europäischer Ebene (FFH-Richtlinie) geschützt.

Kleine Tiere zwischen und an Bäumen

Wer den Wald im Herbst abseits der Wege erkundigt, z.B. um Pilze zu suchen, der sollte aufpassen, dass er nicht in eins der zahlreichen Spinnennetze läuft. Die Kreuzspinne versteht es metergroße Netze zwischen den Bäumen zu spannen. Schade, wenn die mühselige Arbeit der fleißigen Spinne zerstört werden würde. Außerdem sind diese filigranen Bauwerke mit herbstlichem Morgentau behangen wunderhübsch anzuschauen. Sie mögen zwar unbeliebt sein, aber bis zu 600 Spinnen leben auf einem Quadratmeter Waldboden. Somit sind sie ein wichtiger Bestandteil dieses Biotopes. In der Roten Liste M-V finden sich allerdings viele gefährdete Spinnen wieder. Vorsicht ist auch geboten auf den Waldwegen. Häufig sind totgefahrene Waldmistkäfer auf Wegen oder Straßen, die durch die Wälder führen, zu finden. Ein anderer Käfer, der dem Mistkäfer sehr ähnelt, aber nur in Baumhöhlen lebt, ist der durch die FFH-Richtlinie geschützte Eremit. Eine nähere Untersuchung der Baumrinde ist empfehlenswert. Krabbeln an Bäumen doch nicht nur große Waldameisen auf und ab – sie laufen gerne an Füße und Beine hoch, wenn man nicht aufpasst – sondern hängen dort auch merkwürdige Gebilde an der Rinde bzw. ragen aus dem Moos an der Rinde heraus. Das sind Schließmundschnecken, die ein spitzes Gehäuse haben, das andersherum gedreht ist, als es bei Schnecken üblich ist. Ein sogenannter „Linksdreher“. Wer aufmerksam den Waldboden absucht, dem fallen sicherlich auch Löcher zwischen dem Laub auf. Vielleicht ist das der Eingang zu Familie Maus? Und was ist rot-braun und flitzt schnell den Baum hinauf? Sie sind selten zu sehen, weil sie so flink sind: die hübschen Eichhörnchen.

Kreuzspinne, Waldmistkäfer, Schließmundschnecke an der mit Moos bewachsenen Baumrinde, Eichhörnchen (letztes Foto: Marcus Schreier).

Was fliegt denn da?

Viele Eulenvögel sind in Deutschland gefährdet. Dies liegt auch daran, dass es immer weniger alte und naturbelassene Wälder gibt, wo sich die vorwiegend nachtaktiven Eulen wohlfühlen können. Wer Glück hat und ganz still ist, kann eine Eule in den Baumkronen sitzen sehen. Spechte sind ebenfalls typische Waldbewohner. Besonders im Frühling fallen sie durch ihr Klopfen an den Baumstämmen auf. Der Schwarzstorch und Greifvögel wie der Seeadler finden in ungestörten Wäldern mit großen Baumkronen ausreichend Platz für ihre als Horste bezeichneten Nester.

Zwei Eulenvögel, Buntspecht, Horst eines Greifvogels (alle Fotos: Marcus Schreier).

Was wächst in der Krautschicht?

In der Krautschicht der Buchenwälder können unterschiedliche Pflanzenarten dominieren. Insgesamt ist aber die Krautschicht eher artenarm, weil die Baumkronen der Buchen für eine ganztägige Beschattung des Waldbodens sorgen. Der Waldmeister ist im Frühling sehr gut an seinen zahlreichen weißen Blüten und dem typischen Waldmeistergeruch zu erkennen. Im Herbst fallen lediglich die etagenweise, jeweils zu sechst bis acht in einem Kreis angeordneten, länglichen Blätter auf (= Quirle).

Oft anzutreffen sind Springkräuter, die besonders Kindern Spaß machen. Beim Berühren ihrer reifen Kapselfrüchte werden die Samen durch die Luft geschossen, wodurch sich diese Pflanze weiter verbreiten kann. Dem Waldbesucher begegnet manch seltsame Pflanze: Ein Stengel ohne Blätter mit roten Beeren an der Spitze. Diese skurrile Pflanze ist ein reifer Aronstab, der in seiner Blühperiode ein ganz anderes Erscheinungsbild hat und unangenehm nach Aas riecht. Achtung: Alles am Aronstab ist giftig!

Waldmeister mit quirlig angeordneten Blättern, Springkraut mit reifen Kapselfrüchten, rote Beeren des Aronstabes (giftig!).

Halbinsel Reppin (Schwerin Mueß)

Am Reppin gibt es einen naturnahen Wald mit zahlreichen Altbäumen und viel Totholz, das für die Artenvielfalt und den Stoffkreislauf sehr wichtig ist. Es ist ein nach FFH-Richtlinie besonders geschützter Waldmeister-Buchenwald. Solche Buchenwälder entstehen auf mäßig nährstoffreichen Böden, in denen die Rotbuche, wie auch am Reppin, vorherrschend ist. Charakteristisch für die Rotbuche ist ihr rotes Holz und nicht wie man meinen könnte, die roten Blätter. Daran erkennt man nämlich die Blutbuche. Neben der Rotbuche wachsen am Reppin auch Rot-/Weißerlen, Stieleichen und Eschen.

Die Halbinsel Reppin ist nicht nur ein FFH-Gebiet, sondern gehört auch zum Vogelschutzgebiet „Schweriner Seen“ und ist Teil eines Landschaftsschutzgebietes.

Eine außerordentliche Besonderheit für diesen kleinen Waldlebensraumtyp (gerade mal 6 ha) sind die vielen verschiedenen Spechte, die hier brüten: der Mittelspecht als auch der Schwarzspecht sowie der Kleinspecht und der Buntspecht. Vielleicht hört man sie beim Spaziergang klopfen (auch wenn sie erst im Frühling richtig Radau machen). Sie dann zu entdecken, ist gar nicht so einfach.

Die wertvollen Altbäume in diesem Wald dienen dem Wespenbussard, Schwarzmilan, Rotmilan und Seeadler als Horststandorte. Diese Vögel brauchen während ihrer Brutzeit Ruhe und dürfen nicht gestört werden. Daher ist im Herbst das Aufsuchen ihrer Horste eher unproblematisch. Ruhig sollte man sich dennoch verhalten, wenn man die imposanten Greifvögel auch sehen möchte. Der Wespenbussard dürfte bereits weggezogen sein. Mit etwas Glück sind der Rot- und Schwarzmilan noch im Lande. Nur der Seeadler bleibt im Winter hier.

Der seltene Eremit, ein Rosenkäfer, hat im Wald am Reppin ein ideales Zuhause gefunden. Hier findet er ausreichend Bäume mit Höhlen zum Leben. Laut BfN (Bundesamt für Naturschutz) stellt die direkte Vernichtung sehr alter Laubbaumbestände eine große Gefahr für diese Käferart dar. Daher ist er stark gefährdet (Rote Liste) und besonders geschützt (FFH-Art).

Ein weiterer Bewohner von Baumhöhlen in diesem Buchenwald ist die Wasserfledermaus. Ihr Jagdgebiet in der Dämmerung sind die angrenzenden Flächen des Schweriner Sees. Der Gefährdungsgrad dieser Fledermaus und somit eine Aufnahme auf die Rote Liste ist umstritten.

Fotos (falls nicht anders angegeben): Janine Wilken

 

Weitere Informationen im Internet:

 

Literatur: 

  • Flück, M.: Welcher Pilz ist das? Erkennen, sammeln, verwenden. Kosmos Naturführer. Stuttgart, 1995.
  • Härdtle, W., Ewald, J., Hölzel, N.: Wälder des Tieflandes und der Mittelgebirge. Ulmer, Stuttgart, 2008.
  • Jaun, A., Joss, S.: Im Wald. Natur erleben – beobachten – verstehen. Haupt Berne, 2011.
  • Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Abteilung Nachhaltige Entwicklung, Forsten (Hrsg.): FFH-Gebiet 2334-307 „Halbinsel Reppin, Schwerin Mueß“, Fachbeitrag Wald. 1. Mai 2011.
  • Pott, E.: Natur erleben. Wald – Pflanzen, Tiere, Biotope. Ravensburger Buchverlag Otto Maier GmbH, 1988.
  • Pott, R.: Farbatlas Waldlandschaften. Ulmer, Stuttgart, 1993.
  • Regionale PEFC-Arbeitsgruppe (Hrsg.): 3. Waldbericht für die Region Mecklenburg-Vorpommern. Malchin, Sommer 2014.

Weitere Informationen zum Thema Wald



Für Rückfragen

Janine Böttcher

Referentin für Naturschutz

BUND Landesgeschäftsstelle M-V

Tel.: 0385/521339-15

E-Mail: naturschutz-mv@t-online.de

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